Dieser autobiografisch geprägte Roman mutet seinen Leser*innen viel zu. Die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend ist manchmal so unglaublich, dass man fassungslos davorsitzt. Julia Franck wird in Ost-Berlin geboren, mit ihr und den drei Schwestern siedelt ihre Mutter in den Westen über. Zurück bleiben die Väter der Kinder, die auch schon im Osten kein Teil der Familie waren, die Großmutter, eine bekannte DDR-Bildhauerin und andere Verwandte. Im Westen verstärkt sich, was schon im Osten Praxis war, aber durch Freunde aufgefangen werden konnte: Die Mutter lebt in ihrer eigenen Welt und ist nicht in der Lage, ihre Kinder zu versorgen, zu erziehen, zu behüten. Sich größtenteils selbst überlassen, sorgen die vier Mädchen für sich selbst. Bis Julia sich im Alter von 13 Jahren entschließt, die Familie zu verlassen und nach West-Berlin zu Freunden zieht, um von da an für sich selbst zu sorgen. Julia Franck beschreibt ihre dissoziale Familie, die exzentrische Großmutter, ihren hilflosen leiblichen Vater, ihren eigenen Kampf um einen Platz in der Welt wortgewaltig und poetisch. Atemlos habe ich bis zur letzten Seite mitgefiebert und mitgelitten.
S. Fischer Verlag, € 23,00
Ines Kribbel